Die zweite Station meiner Weltlesereise führte mich mit “Am Ende bleiben die Zedern” von Pierre Jarawan nach Libanon. Das Buch war für mich auf vielerlei Weise eine abenteuerreiche Reise.
Die Geschichte handelt von Samir, dessen Eltern vor dem libanesischen Bürgerkrieg nach Deutschland flohen. Samir wächst zunächst behütet auf und erlebt eine idyllische Kindheit in Deutschland, bis sein Vater spurlos verschwindet. Dies ist der Auftakt zum Beginn einer schmerzhaften Lebensphase Samirs, in der er heranwächst und sich aufgrund der er sich Jahre später auf die Suche nach dem Vater machen muss, um sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Alles weist darauf hin, dass er nur im Libanon der Wahrheit und damit seinem Vater auf die Spur kommen kann.
Am Rande der bewegenden Geschichte erfuhr ich einiges über den libanesischen Bürgerkrieg und die politische Dynamik des Nahen Ostens. Besonders aufschlussreich waren die historischen Hintergrundinformationen in Bezug zu den palästinensischen Flüchtlingen im Libanon im Zuge des israelisch-palästinensischen Konflikts. Bis dato war mir nicht so klar, wie sehr die palästinensische Diaspora und ihre Auswirkungen die libanesische Geschichtsschreibung beeinflusst haben.
Wie sehr die komplexen religiösen und politischen Dynamiken ineinander verflochten waren, die sich unweigerlich im libanesischen Bürgerkrieg entluden, wurde mir als Leserin auf eine nicht aufdringliche Art und Weise vermittelt. Dem Autor ist es hervorragend gelungen, historische Tatsachen in eine spannende erzählerische Handlung zu verpacken, bei der es nach wie vor vordergründig um Samirs Suche nach seinem Vater geht.
Als ich meine Weltlesereise plante und mir einige zusätzliche Bedingungen auferlegte wie z.B. mehr von internationalen SchriftstellerInnen zu lesen, habe ich mir eine spezielle Frage gestellt:
Sollte ich von SchriftstellerInnen aus dem vorderasiatischen Raum lesen, werden ihre Geschichten bei mir einen stärkeren Widerhall finden?
Die Vermutung war, dass Geschichten, deren SchriftstellerInnern einen ähnlichen kulturellen Hintergrund und ähnliche Lebenserfahrungen wie ihre LeserInnen aufweisen, mit diesen eine stärkere emotionale Verbundenheit herstellen können.
Ich kann nicht behaupten, dass die fiktive Lebensgeschichte von Samir viele Parallelen zu meiner Lebensgeschichte hätte. Dennoch war das Lesen des Buches von Pierre Jarawan für mich eine sehr intensive- aber auch eine schmerzhafte Erfahrung. Sehr oft drifteten Erinnerungen in mir an die Oberfläche, welche ich verarbeitet oder begraben geglaubt hatte. Noch Tage nach dem Beenden des Buches bin ich mit dem Aufräumen meiner Gefühlswelt beschäftigt. Ich glaube, dass das Buch „Am Ende bleiben die Zedern“ bis derzeit zu den wenigen Romanen zählt, die bei mir so sehr ins Schwarze getroffen haben.
Ich bin gespannt, ob weitere Bücher von SchriftstellerInnen aus dem vorderasiatischen Raum eine ähnliche Wirkung bei mir erzielen werden. Und in diesem Sinne geht es weiter mit Elif Shafak, einer beliebten türkischen Romanschriftstellerin, die in türkischer und englischer Sprache veröffentlicht:
Mein nächster Halt auf meiner Weltlesereise sind Oxford & Istanbul. Das dazugehörige Buch: “Der Geruch des Paradieses” von Elif Shafak. Von der Schriftstellerin habe ich über die Bloggerin Elif gelesen. Sie schien sehr begeistert zu sein von Elif Shafak. Da meine Neugierde so groß war, habe ich mich für den neuesten Roman aus der Feder der Schriftstellerin entschieden!